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Ihr Lieben, ich bin euch allen so sehr dankbar für eure gefühlvollen, tröstenden Zeilen! Es ist schön, so viele wunderbare Frauen zu kennen!
Heute möchte ich euch ein bisschen darüber erzählen, wie Niki zu uns kam, was er dadurch für eine zusätzliche Bedeutung für mich hat:
Als meine Tochter Jana sich ein Meerschweinchen wünschte, hatten wir bereits zwei Katzen und redeten ihr die Idee daher wieder aus - oder versuchten es zumindest (auch weil wir wussten, dass ein Meerschweinchen allein sich einsam fühlt, wenn es nicht ständig beschäftigt wird). Meine Eltern hingegen ließen sich weichkochen, und so kam Niki in deren Leben.
Zu Jana sagten sie: "Es gehört dir, auch wenn es bei uns wohnt - und du kannst es immer besuchen kommen."

Niki wurde von ihnen verwöhnt und betüddelt. Er bekam nur die leckersten (teuersten) Nagerstangen und Biogemüse und durfte täglich mindestens eine Stunde frei im Wohnzimmer herumlaufen. Dabei verliebte er sich in die pelzigen Hausschuhe meiner Mutter und rannte ihnen immer quiekend hinterher (wie Meerlis es nunmal beim Balzen machen). Ich weiß nicht, ob er den linken oder rechten Schuh lieber mochte - wahrscheinlich war er Bigamist!
Und mein Vater setze sich den kleinen Kerl abends beim Fernsehen auf den Bauch und kraulte ihn zwischen den Ohren. Er liebte das kleine Schweinchen - Niki war (neben dem Hund meines Bruders, mit dem er 2 bis 3 Mal pro Woche eine Wienerwaldrunde zog) eines der bevorzugten Gesprächsthemen seines letzten Lebensjahres. Aus diesem Grund kam Nikodemus nach dem Tod meines Vaters im Jänner 2007 sogar in der Trauerrede vor. Und in meinen Gedanken war er immer irgendwie mit meinem Vater verknüpft.
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Meine Eltern sind fast sechzig Jahre miteinander verheiratet gewesen. Entsprechend schlecht ging es meiner Mutter daher nach dem Tod ihres Mannes. Sie dachte, dass sie ihm hinterhersterben würde. Deshalb bat sie mich, Niki vorübergehend zu uns zu nehmen. Aus vorübergehend ist "für immer" geworden, auch wenn sich meine Mutter wieder erholt hat. Da Niki kein anderes Schweinchen gewöhnt war und wir nicht wussten, wie er reagieren würde (und wir außerdem nicht immer nach ein paar Jahren einem einsam zurückbleibenden Meerli einen neuen Partner "nachbesorgen" wollten) ist Niki allein geblieben. Das war vielleicht nicht so schön für ihn, doch wir haben uns bemüht, es ihm sonst so angenehm wie möglich bei uns zu machen. Ich hoffe sehr, dass es uns gelungen ist.

Nach dem Tod meines Vaters ließen wir in der
Parte folgendes Gedicht von
Welf Ortbauer drucken:
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Du bist gegangen
Du bist gegangen in den Sternengarten,
ruhst aus in einem Beet von Licht und Glück.
Nur uns, die stumm vor dessen Toren warten,
verbrennt der Wunsch, du kämst zu uns zurück.
Doch wenn wir DICH geliebt und weiter lieben,
nicht UNS und UNSER inn'res Sehnen,
dann fühlen wir: der Ort wo du geblieben,
ist deine Seligkeit. Grundlos sind uns're Tränen.
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Ich finde dieses Gedicht wundervoll tröstlich.

Meine Eltern waren bzw. sind keine wirklich konventionell denkenden und handelnden Menschen. Die angeblich so zutiefst Österreichische Wunschvorstellung von "ana scheen Leich" (also einer pompösen Beerdigungszeremonie und einer Neid erweckend grandiosen Grabstelle) fanden sie immer lächerlich. Als ich mit meiner Familie aufs Land zog, und Jana eines Tages ihrem Opa zeigte, wo sie jene toten Mäuse bestattete, die uns die Katzen gebracht hatten, meinte er: "Da will ich auch einmal begraben werden, direkt neben dem Komposthaufen. Da gehör ich hin!"
(Er war ein humorvoller Mann, und einer seiner Witze lautete: "Ich bin kein
Grufti - denn wenn man so alt ist wie ich, ist man schon ein Komposti!")
Dass er - bzw. seine Urne - in unserem Garten bestattet werden sollte, war jedoch kein Witz - mein Vater wollte das wirklich, und nachdem wir uns einverstanden erklärt hatten, legte er diesen Wunsch sogar schriftlich fest: Er war immer gern von Natur umgeben gewesen und wollte das auch nach seinem Tod sein.
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Natürlich habe ich die Urne nicht neben dem Komposthaufen verscharrt. Ich habe einen kleinen Teil des Gemüsegartens - inspiriert durch das Ortbauer-Gedicht - zum "Sternengarten" erklärt, ihn mit Buchskugeln und Dickkmännchen bepflanzt (der Spitzname meines Vaters war "Dicky", da passten diese Pflanzen doppelt gut), ein Engel & Laternen mit Sternenmuster sowie das Herz, das ihr auf dem oberen Bild sehen könnt, schmücken die Stelle. Meine Mutter meinte vor kurzem: "Mei, ist das schön! Wenn ich nicht doch noch so gerne weiterleben tät, tät ich mich am liebsten dazulegen!"
Ich weiß nicht, ob es so etwas wie den Himmel oder das Paradies gibt. Ich habe zwar tiefen Respekt vor dem Glauben anderer Menschen, bin selbst jedoch im christlichen Sinne nicht gerade gläubig.
Kennen einige von euch den philosophischen Fantasyautor Terry Pratchett? Bei ihm habe ich irgendwann einmal (sinngemäß) gelesen, wenn du an das Paradies glaubst, wirst du nach dem Tod im Paradies weiterleben; wenn du an Walhall glaubst, wird dies dein ruhmreicher letzter Ruheort; glaubst du an nichts, kommst du ins Nichts (und der Typ, diese Romanfigur, die an nichts geglaubt hat, steht dann irgendwie im Leeren da und fragt sich, was das soll - das fand ich witzig ...).
Ich persönlich glaube nicht an "nichts", mir gefällt z.B. die Vorstellung, mit dem Universum eins zu werden... (oder vielleicht auch in einer anderen Form als jetzt mit dem Universum eins zu BLEIBEN).
Die Vorstellung eines Sternengartens gefällt mir ebenso.
Und mir gefällt die Vorstellung eines "Lebens VOR dem Tode" ;-)
Vermutlich hat der Tod für mich deshalb keinen so großen Schrecken, wie es eventuell klingt, wenn ich sage, dass ich traurig bin oder dass ich um Niki trauere.
Trauer ist immer in gewissen Grade auch ein (verständliches und legitimes) egoistisches Gefühl - eben ein Vermissen, ein sich nicht trennen wollen.
Oder auch das Fehlen alter Gewohnheiten: Wenn ich in Zukunft in den Kräutergarten gehe oder Salat aus dem Gemüsefach hole, brauche ich für Niki keine Extraportion Grünzeug mitzubringen. Wenn ich den Kühlschrank öffne, bleibt sein Quieken aus. Der Platz, wo sein Käfig stand, sieht leer aus...
Vor allem bei noch jungen Menschen oder Tieren kommt dann außerdem das bedrückende Gefühl hinzu, dass es zu früh war, dass das jetzt noch nicht hätte sein dürfen, und Niki war noch nicht einmal vier...
Aber ich weiß: Wo auch immer Niki jetzt ist - in Gottes Armen, im Universum, im Meerschweinchenparadies, wo es Wiesen aus Basilikum gibt oder im Sternengarten - dass er dort jetzt keine Schmerzen mehr hat und sich nicht länger quälen muss. Und ich weiß, dass er - jedenfalls für ein Single-Meerschweinchen - ein ganz gutes Leben gehabt hat und geliebt worden ist.

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Ich grüße euch von Herzen!
Alles Liebe, Traude