Servus, ihr Lieben!
In meinem vorigen Beitrag blickte ich auf den rostrosigen Juli 2020 zurück. Ich habe mich sehr über eure virtuelle Begleitung durch diese bewegten Sommerwochen gefreut - recht herzlichen Dank für eure wunderbaren Kommentare dazu 💚!
Firmen-, Lokal- und Produktnennungen... - die ohne Sponsoring, ohne Auftrag und ohne Bezahlung erfolgt.]
Aufnahmen der Anlage in Mayerling von unserem Ausflug am 15.9. / Foto von Kronprinz Rudolf - Quelle: Klick / Foto von Mary Vetsera - Quelle: Klick |
Rudolf, Kronprinz von Österreich und Ungarn (21. August 1858 - 30. Jänner 1889), war der einzige Sohn von Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Elisabeth. Ihr könnt euch gewiss vorstellen, dass von seiner Geburt an hohe Erwartungen in ihn gesetzt wurden. Das sensible Kind wurde seiner Mutter weitgehend entzogen und von Erzieherinnen, gestrengen Hauslehrern und einem Generalmajor ausgebildet - es sollte "ein guter Soldat, begeisterter Jäger und braver Katholik" werden. Einer seiner Erzieher setzte dermaßen drakonische Maßnahmen ein - klick - dass Elisabeth die psychische und physische Gesundheit ihres Sohnes bedroht sah und erfolgreich intervenierte. Elterliche Liebe und Zuwendung scheinen dem Kronprinzen während seiner gesamten Kindheit und Jugend gefehlt zu haben. Später entwickelte er (für die damalige Zeit) radikale politische Ansichten, "die dem konservativen Charakter eines künftigen Monarchen nicht entsprechen würden" (Aussage von Friedrich von Beck-Rzikowsky). Da er sich unglücklich in so vielen Lebensbereichen fühlte, suchte er sein Heil zunehmend in Affairen und Alkohol und experimentierte mit verschiedenen Drogen.
Mich hätte sehr interessiert, welcher Staatsmann aus ihm geworden wäre, sofern man ihn gelassen hätte. Sein Vater hielt ihn für schwach, doch war er das wirklich? Oder wurde er nur geschwächt und letztendlich krank an Geist und Körper, weil er nicht der sein durfte, der er war? Im Neuen Wiener Tagblatt hatte der Kronprinz unter einem Pseudonym mehrfach kritische Artikel geschrieben, die ihn als Kämpfer gegen Nationalismus und Antisemitismus sowie als Förderer der Wissenschaft zeigten. Seine liberalen, antiklerikalen und pro-jüdischen Ansichten wurden bei Hof allerdings bestenfalls als überspannt und unreif betrachtet, von mancher Seite zog er sich auch Feindseligkeit zu. Womöglich wäre durch einen freidenkerischen Mann wie Rudolf an der Spitze Österreichs das gesamte Zwanzigste Jahrhundert anders verlaufen - und wer weiß, vielleicht sogar ohne die beiden verheerenden Weltkriege? Hier eine interessante Analyse der historischen Person Rudolf, die aber natürlich auch keine endgültige Antwort auf die Frage nach dem "Was wäre wenn" bieten kann.
Marie
Alexandrine Freiin von Vetsera, genannt Mary (19. März 1871 - 30. Jänner 1889), war das dritte von
insgesamt vier Kindern des Diplomaten Albin Ritter von Vetsera, und seiner Gemahlin Helene, geborene Baltazzi, die aus einer
der reichsten Familien Konstantinopels stammte. Mary war attraktiv, verwöhnt, sinnlich, leidenschaftlich, "etwas kokett, gehasst von anderen Frauen, die durch sie in den Schatten gestellt wurden. Für mich hat sie nur einen einzigen Fehler begangen, und den hat sie mit ihrem Leben gebüßt", so ihr Hauslehrer. "Wer war schon die Vetsera?", meinte Rudolfs Ehefrau Stephanie über sie. "Noch die letzte Nacht verbrachte er bei seiner Freundin, der Grand Cocotte*) von Wien." Doch Mary, die heftig für den Kronprinzen geschwärmt hatte, war da, als sonst niemand für ihn da war.
*) = Mizzi Kaspar, siehe weiter unten.
Lithografie - Mary und ihr älterer Bruder Ladislaus, der 1881 beim Ringtheater-Brand ums Leben kam; einer von Marys insgesamt vier Särgen; Portrait von Mary als Jugendliche; Rosen vor dem Teepavillon sowie einer der erst 2015 der Öffentlichkeit bekanntgegebenen Abschiedsbriefe Mary Vetseras (Quelle: KLICK) |
Nach heutigem Wissensstand hat der Kronprinz sowohl sich selbst als auch Mary Vetsera erschossen; Mary dürfte aus Liebe freiwillig mit ihm in den Tod gegangen sein. Dies ist jedenfalls ihren lange Zeit verschollenen und erst vor wenigen Jahren wieder aufgetauchten Abschiedsbriefen zu entnehmen. (Ich nehme an, dass ihre Echtheit genauestens überprüft wurde.) Ein ausschließlich romantisch-sentimentaler Liebestod scheint es in seinem Fall jedoch nicht gewesen zu sein, viel eher wohl eine vielschichtige Verzweiflung, die ihm das Leben unerträglich machte.
Rudolf dürfte aus verschiedenen Gründen unter Niedergeschlagenheit gelitten haben - ob auch unter der Krankheit Depression, ist mir leider nicht bekannt. Er war im Hof isoliert, seine Hoffnung auf ein friedliches, liberales Europa schwand dahin,
ebenso seine Gesundheit, denn er hatte sich durch seinen unsteten Lebenswandel ein sogenanntes venerisches
Leiden zugezogen. (Die „venerische Krankheit“ war häufig ein Synonym von
Syphilis.)
Zwar hatte er 1881 auf Druck des Hofes Prinzessin Stephanie von Belgien geheiratet, doch das einzige, was sie verband, war die gemeinsame Tochter Elisabeth. Sonst waren sie in Charakter und Weltanschauung zu weit voneinander entfernt und wurden einander im Lauf der Ehe immer fremder; stattdessen pflegte Rudolf mehrere Affären. Mit seiner langjährigen Geliebten Mizzi Kaspar, der oben erwähnten "Grand Cocotte von Wien" verbrachte er (wie seine Ehefrau so treffend bemerkt hatte) noch eine der letzten Nächte seines Lebens. Angeblich wollte er mit ihr zusammen in den Tod gehen, doch Mizzi weigerte sich und benachrichtigte sogar die Polizei über Rudolfs Selbstmordpläne. Diese Information wurde allerdings ignoriert. (Mizzi Kaspar starb im Jahr 1907, laut Totenschauprotokoll an Rückenmarksverhärtung, Folgeerscheinung einer Syphilis.)
Auch Prinzessin Stephanie war übrigens im Jänner 1889 bei Kaiser Franz
Joseph vorstellig geworden, um ihm zu berichten, dass ihr Ehemann in
schlechter körperlicher und seelischer Verfassung war - "hinabgezogen in
eine andere Welt" - doch Rudolfs Vater bagatellisierte diese Nachricht. Bis es dann, am 30. Jänner 1889, zu spät war, um die Tragödie zu verhindern.
Fest steht, dass man danach alles versuchte, um den Doppelselbstmord - oder Mord und Selbstmord - zu vertuschen. Zeugen wurden zu lebenslangem Schweigen verpflichtet und die Leiche Mary Vetseras schaffte man heimlich aus dem Jagdschloss. Erst nach dem Ende der Monarchie wurde offiziell bekannt, dass auch sie in jener Nacht in Mayerling zu Tode gekommen war. Wichtige Unterlagen wurden vernichtet, österreichische Zeitungen mussten Falschmeldungen bringen - so hieß es in einem Blatt, der Kronprinz sei an einem Herzschlag verstorben, in einem anderen war zu lesen, dass er einen tödlichen Schlaganfall erlitten hatte, und auch von einem Jagdunfall war die Rede - während ausländische Zeitungen längst über Selbstmord schrieben. Letztendlich kamen Teile der Wahrheit heraus, doch es wurde weiter getrickst: Um ein kirchliches Begräbnis für Rudolf zu ermöglichen, wurde ihm ärztlicherseits geistige Verwirrung zum Zeitpunkt seiner Selbsttötung konstatiert. Gerade durch all diese Heimlichtuerei begannen sich aber zahlreiche Gerüchte um Rudolfs und Marys Tod zu ranken, und manche - wie das Gerücht, dass gedungene Mörder den Tod der beiden verursacht hätten - kursieren auch heute noch.
Auf Veranlassung von Kaiser Franz Joseph I. wurde das Jagdschloss noch im Jahr 1889 zu einem Kloster umgebaut - das Gebäude von damals ist (bis auf den Teepavillon) kaum noch wieder zu erkennen. Für den Umbau und den Unterhalt der Karmelitinnen, die
besonders für das Seelenheil Rudolfs beten sollten, errichtete der
Kaiser eine Stiftung mit einem Kapital von 140.000 Gulden. Der Hochaltar der neu errichteten neogotischen Kirche erhebt sich nun an der Stelle des Sterbebettes von Kronprinz Rudolf. An der Stelle der Seitenkapelle lag das Zimmer des Kammerdieners Loschek. An der Tür zu dieser Seitenkapelle befindet sich u.a. folgende Information: "Die Statue der schmerzhaften Gottesmutter, deren Herz von einem Dolch des Leidens durchbohrt wird, stiftete Kaiserin Elisabeth. Sie konnte freilich nicht ahnen, dass sie 1898 selbst erdolcht werden würde..." Zwar hatte sie nie viel Kontakt zu ihrem Sohn gehabt, doch in ihren liberalen Ansichten waren Rudolf und Elisabeth einander sehr ähnlich. Nach Rudolfs Tod trug Elisabeth bis zu ihrem Lebensende (fast) nur noch schwarze Kleidung.
Der Teepavillon und das Schloss im Wandel der Zeit: Oben links: Der heutige Zustand des Pavillons; oben rechts Decke vor der Renovierung (Bildquelle: Klick); alte Postkarte mit Ansicht des Schlosses (Quelle: Klick); großes Foto unten rechts: Decke und Wandmalerei nach der Renovierung; Teepavillon 2005 vor Renovierung (Quelle: Klick); Grundrissplan des Anwesens (Quelle: Klick) |
Das Tor zur Kirche Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel ist mein T in die neue Woche |
Für die an Kleidung Interessierten unter euch kann ich hier mein Ausflugs-Outfit vom 15. September zeigen: Eine dezent in Waldfarben getönte, aber dennoch rostrosige Mischung aus Museums- und Wanderanzug - stellt euch dazu bitte noch meine Bergschuhe vor 😉: Denn im Anschluss an unseren Museumsbesuch unternahmen wir noch eine kleine Wanderung auf einem der nahe dem Schloss gelegenen Wege.
Meine
Kleidung war zwar durch Brombeertöne und Waidmannsgrün an den
Frühherbst angepasst, aber der Himmel! oh! - der war weit weg vom
Herbst... Ihr werdet sehen, dass er bei meinem Sommerausflug im Juli nicht annähernd so blitzblau war wie an diesem Septembertag! In der folgenden Collage könnt ihr einen septemberlichen Blick auf die Anlage und die Umgebung werfen. Auch sonst haben wir an diesem Tag dort noch einiges Schönes gesehen - aber nicht mehr fotografiert. Macht nichts: Ich hatte ja schon die Fotos von meinem vorangegangenen Mayerling-Ausflug im Juli 😉
Für Novas Glockenturm-Linkup habe ich die Kirche von außen aus mehreren Perspektiven aufgenommen. Und auch das renovierte Dach des Teepavillons seht ihr in der folgenden Collage von außen:
Der Durchblick im Wald wäre auch ein schönes Tor für Nova... |
Wie üblich bei seinen Lesungen, "tigerte" sich Stefan Slupetzky so richtig in seine Stories hinein. Interessanterweise hat er noch vor Covid 19 eine Kurzgeschichte geschrieben, in der es um eine Pandemie geht. Aber verraten will ich euch darüber nichts, denn vielleicht habt ihr ja Lust, sein Buch selbst zu erwerben. Hier der Text aus der Kurzbeschreibung:
"Was macht ein schlitzohriger Wiener Privatdetektiv in Hessen? Er wird
von einem Vermögensverwalter auf die Entführer seiner Tochter
angesetzt. Wie sich bald herausstellt, ist nichts an dieser Entführung,
wie es sein soll …
Ein britischer Konsulent verschafft einem
deutschen Seidenkrawattenfabrikantensohn auf unkonventionelle Weise den
größten Erfolg seines Lebens – freilich läuft das nicht ohne
Kollateralschäden ab.
Gruselige Gerüchte treiben zwei
Internatsschüler auf den einsamen Turm hinauf. Tatsächlich finden sie
dort ein eingelegtes Herz, das ganz und gar nicht tot ist und so einiges
im Leben der Buben ändert.
Stefan Slupetzky ist wie gewohnt
scharfzüngig und scharfsinnig, seine Geschichten verführen zum Lachen
und verursachen Gänsehaut."
Wie immer, wenn wir zu einem "Slupetzky-Abend" gehen, haben wir uns gut unterhalten, und natürlich haben wir ihm seinen Erzählband Atemlos abgekauft, auch zur Freude der Damen von Hartliebs Bücher. Stefan schrieb uns auch eine Widmung hinein: "Für Traude und Edi - Von Herzen!" 😊
Nach eigener Aussage bevorzugt Sabine Pleyel für ihre Skulpturen die Materialien Stein und Bronze. "Begründet liegt diese Entscheidung in der thematischen Ausrichtung meiner Arbeiten und an der großen Faszination schwer zu bearbeitender Materialien." Es interessiert sie, die Grenzen dieser Werkstoffe auszuloten und sie stellt sich gerne der Herausforderung, den "Widerspruch zwischen der Leichtigkeit des Moments und der oft spröden Schwere des Materials" aufzuheben. Mich faszinierte auf Anhieb ganz besonders die Plastik links unten - der Kopf aus Quarzit, der den Mann aus Bronze verschlingt - die Inspiration dazu kam laut Frau Pleyel aus der Form des Steins (der schon eine Art "Maul" hatte). Das hell-dunkle Paar ist aus einem einzigen Stück Holz geschnitzt, das von Natur aus zweifärbig war, das heißt, sie musste erst mal den Punkt herausarbeiten, an dem eine Person sich von der anderen abhebt. Auch dieses Werk hat uns sehr beeindruckt.
Und somit sind wir durch unsere Fahrt nach Wien sogar gleich zweimal in kulturellen Genuss gekommen. Und hatten ganz allgemein wieder einen wunderbaren und erfüllten Tag. Ich hoffe, auch ihr habt das virtuelle Dabeisein wieder genossen und vielleicht auch das eine oder andere Neue erfahren!
Nun wünsche ich euch noch angenehme Septembertage und schicke euch ganz, ganz liebe Grüße! Demnächst geht es voraussichtlich mit meiner Sommer-Rückschau weiter - diesmal auf den August 2020.
Herzlichst, eure Traude
Novas Linkups - wie Glockentürme oder T in die neue Woche,
Artis Schilderwald-Linkup, Heidis Aktion Himmelsblick