Die Kunst? Was ich ohne sie wäre?
Ich weiß es nicht. Doch mir graut -
seh ich doch
was ohne sie
Hundert' und Tausende sind!
was ohne sie
Hundert' und Tausende sind!
Ludwig van Beethoven (1770 - 1827)
Quelle: Beethoven, An die Muse
Servus, ihr Lieben!
Ich danke euch sehr für all eure Kommentare zu meinem vorigen Beitrag #Corona Extra 4: SARS-CoV-2 und die Umwelt. Nun möchte ich aber mal wieder eine kleine Pause vom Corona-Thema machen. Ich bin euch als Ergänzung zu meinem "Tagebuch" vom Februar 2020 (!) schließlich noch ein paar "kulturelle Schilderungen" schuldig. Nachdem die Museen zur Zeit immer noch wegen Corona geschlossen haben, kommt ihr so wenigstens zu virtuellen Museumsbesuchen 😉 (und meine Outfits der "Museumstage" gibt's dazu auch zu sehen)...
Das Jahr 2020 ist ein #Beethovenjahr, denn heuer jährt sich der Geburtstag des in Bonn geborenen und in Wien verstorbenen Komponisten zum 250. Mal. Ich bin noch dazu von Beethovenstädten "umzingelt": Wien war ab dem Jahr 1792 Ludwig van Beethovens Heimat, meine Bezirkshauptstadt Baden war einer jener Kurorte, die der Künstler wegen seiner vielfältigen Leiden viele Jahre lang aufsuchte, um Heilbäder zu nehmen und die Natur zu genießen. (Und nach Wiener Neustadt ist Herr #Beethoven zumindest mal stundenlang zu Fuß gelatscht... aber davon weiter unten mehr 😉) Kein Wunder also, dass sich in Wien und Baden einige Ausstellungen mit dem Musikgenie beschäftigen, die manche Details aus seinem Leben näher bringen. Zum Glück haben wir uns diese angesehen, als es noch möglich war!
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Drei Ausstellungen mit dem Thema Beethoven in Baden und Wien |
Ich kann von mir nicht behaupten, dass ich eine große Klassik-Kennerin bin, aber ich mag Musik, die in der Lage ist, mir Geschichten zu erzählen - und von Beethoven gefallen mir viele Melodien richtig gut. Mein Mann hat weit mehr mit Musik zu tun als ich - seine Hauptmusikrichtung ist Prog-Rock, der vom Aufbau her mit klassischer Musik durchaus artverwandt ist. Edi sagt von sich selbst, dass Musik seine erste große Liebe war, aber ich bin auf diese Liebe nicht eifersüchtig, ich kann sie verstehen. Mir geht es mit Farben ähnlich wie Edi mit Klängen: Ohne sie wäre das Leben nicht so schön. Seinen Kindheitstraum, ein Instrument zu spielen, konnte sich Edi erst im Erwachsenenalter erfüllen, er nahm Klavierunterricht und er lernte auch, ein bisschen zu komponieren. In seiner "Balzphase" spielte er mir unter anderem Beethovens Für Elise auf dem Klavier vor 😍. Leider kam das Üben und Komponieren in den vergangenen Jahren zu kurz, der Beruf fraß zu viel Zeit, aber die große Liebe zur Musik, die ist geblieben.
Wir waren jedenfalls alle zwei sehr neugierig, was uns die Ausstellungen über Beethoven erzählen würden. Da wir beide seit dem Jahresanfang eine Niederösterreich-Card besitzen, waren erfreulicherweise auch alle drei Ausstellungen, über die ich euch heute berichte, für uns gratis. (Leider haben wir seither die NÖ-Card nicht mehr nützen können - doch wie es aussieht, ist es bald wieder so weit...)
xxxxxxxxxMuseumsbesuch Nummer 1xxxxxxxxx
Mi., 5. Februar:
Mythos Ludwig Van im Kaiserhaus Baden
Die erste Schau, die wir besuchten, geht ziemlich unkonventionell und mit einem Schmunzeln an den Mythos Beethoven heran. In der Beschreibung der Ausstellung könnt ihr nachlesen:
Auch an der Wand gibt es eine "Ein-Hund-namens-Beethoven"-Tapete zu sehen: 😉
Sie wendet sich an diejenigen, die ihn lieben, aber auch an jene, die in hassen - und sogar an jene, die Beethoven bislang lediglich für einen Hund gehalten haben.
Auch an der Wand gibt es eine "Ein-Hund-namens-Beethoven"-Tapete zu sehen: 😉
Blicke in die schöne Natur
und beruhige dein Gemüt über das Müssende.
Ludwig van Beethoven
Neben dem Prunkstück der Ausstellung - dem historischen Hammer-Klavier, das anlässlich des Beethovenjahres frisch renoviert wurde - gibt es dort seine Totenmaske und eine seiner Haarlocken zu betrachten (Es war damals offenbar üblich, solche Erinnerungsstücke vom Totenbett mitzunehmen). Grafiken, Malereien und auch Comic-Hefte zeigen den Komponisten so, wie er zu den unterschiedlichsten Zeiten gesehen wurde - denn Beethoven wurde zu jeder Zeit anders dargestellt, mit anderen Augen betrachtet und zum Teil auch für andere Zwecke benützt: der Naturfreund, der Unbeugsame, der sich jedem Sturm entgegenstellt, der musikalische Revolutionär, der coole Ludwig Van in der Pop art, der politische Beethoven.
In dem Artikel Heilige Klänge und Foltermusik: Beethoven in «Clockwork Orange» heißt es unter anderem:
In dem Artikel Heilige Klänge und Foltermusik: Beethoven in «Clockwork Orange» heißt es unter anderem:
Beethoven war im bürgerlichen Kunstverständnis der 1970er-Jahre ein Säulenheiliger. Dies zusammenzuführen mit der Gewalt einer Jugendgang wie aber auch einer staatlichen Institution hat wohl noch heute Sprengpotenzial.
Man kann Kubricks Einsatz der «Neunten» daneben auch als kritischen Beitrag lesen zur wechselvollen Rezeptionsgeschichte dieser Sinfonie. Einer Musik, die je nach politischer Lage mal als Propaganda verwendet wurde für die Nationalsozialisten, mal als Hymne für ein vereinigtes Europa – was sie übrigens bis heute ist.
Es gibt sogar eine Badeente, die dem Künstler nachempfunden wurde (links dritte Reihe),
und eine Beethoven-Actionfigur (letzte Reihe Mitte, neben der grantig dreinschauenden Beethoven-Puppe) ...
|
An der Ausstellung gefiel uns vor allem das Spielerische: Mit
Hilfe eines "Mythomaten" konnten wir ein eigenes Beethovenbild
erstellen (das man sich dann selber aufs Handy schickte). Edis
Beethoven wurde in Marmor gekleidet, ich selbst habe den Naturliebhaber
hervorgehoben, indem ich ihm ein Blätterkleid verlieh.*) Und auch die Möglichkeit, selbst eine von Beethovens
Kompositionen zu "sampeln" machte uns großen Spaß.
*) Leider schaffe ich es nicht, diese Bilder hier einzufügen.
Besonders gut gefielen mir außerdem die runden "Rückzugskammern" mit unterschiedlichen Hörbeispielen des einfachsten, schwierigsten, meistgesungenen oder z.B. kürzesten Musikstücks. (Hier erfuhren wir u.a., dass die Müllabfuhr von Taiwan die Melodie von Für Elise als Signal verwendet, weil diese so eingängig ist... Herr Beethoven kann sich dagegen ja nicht mehr wehren...)
*) Leider schaffe ich es nicht, diese Bilder hier einzufügen.
Besonders gut gefielen mir außerdem die runden "Rückzugskammern" mit unterschiedlichen Hörbeispielen des einfachsten, schwierigsten, meistgesungenen oder z.B. kürzesten Musikstücks. (Hier erfuhren wir u.a., dass die Müllabfuhr von Taiwan die Melodie von Für Elise als Signal verwendet, weil diese so eingängig ist... Herr Beethoven kann sich dagegen ja nicht mehr wehren...)
xxxxxxxxxMuseumsbesuch Nummer 2xxxxxxxxx
Musik ist höhere Offenbarung
als alle Weisheit und Philosophie.
LvB
Mo., 10. Februar:
Haus der Musik in Wien
An diesem Tag verbanden wir einen Pflegeheimbesuch bei meiner Mutter mit dem Besuch im Haus der Musik, einem Klangmuseum im Palais Erzherzog Carl an der Seilerstätte. Hier hatte einst der Begründer der Wiener Philharmoniker - der Komponist und Dirigent Otto Nicolai (1810–1849) - seine Wohnung. Und so geht es in diesem Museum natürlich längst nicht nur um Beethoven allein - auf 5.000 m² wird man auf innovative Weise in die Welt der Musik eingeführt – von den Anfängen der menschlichen Klangerzeugung bis zur Musik der Gegenwart.
Die Fotos dieser Collage stammen von HIER |
Im glasüberdachten Innenhof finden (normalerweise) das ganze Jahr über Veranstaltungen statt. Die Feststiege des historischen Palais, die in den ersten Stock hinauf führt, hat sich in ein interaktives Piano verwandelt - die bewegungssensitiven Stufen funktionieren als Tasten, und so kann man spielerisch Noten lernen, Schritt für Schritt. (Ihr könnt euch das in der viertnächsten Collage ansehen.)
Die erste Etage ist das Museum der Wiener Philharmoniker mit zahlreichen Erinnerungsstücken, Filmausschnitten aus dem Neujahrskonzert und dem Sommernachtskonzert, Dirigierstäben berühmter Dirigenten etc. Mithilfe eines interaktiven Walzerwürfelspiels kann man selbst ein Stück im 3/4-Takt komponieren - ich wusste vorher gar nicht, wie einfach komponieren ist 😜. (Aus acht zufälligen Melodie-Würfen formt sich ein persönlicher Wiener Walzer. Insgesamt stehen hier mehr als anderhalb Millionen Möglichkeiten zur Verfügung!)
Auf der zweiten Etage - der sogenannten Sonosphere - können Besucher z.B. an verschiedenen Terminals mit Klängen und Musik experimentieren und es wird versucht, ein individuelles Hör-Bewusstsein zu schaffen (z.B. wie hört ein Mensch im Vergleich zu einer Katze, einer Eule, einer Schildkröte, einem Karpfen?).
In der dritten Etage findet man dann endlich die großen Meister - es werden mehrere der einst in Wien wirkenden Komponisten vorgestellt, und jeder von ihnen hat hier seinen eigenen Raum: unter anderem Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart, Franz Schubert, Johann Strauss (Sohn), Gustav Mahler und eben Ludwig van Beethoven. Hier kann man sich z.B. mit Beethovens Taubheit auseinander setzen, indem man durch ein Hörrohr selbst erfährt, was der Komponist in den verschiedenen Phasen seines Lebens noch hören oder eben nicht mehr hören konnte.
Für die vierte Etage haben sich die Museumsgestalter wieder etwas sehr Spannendes einfallen lassen: Der Virtuelle Dirigent bietet die Gelegenheit, ein Orchester zu dirigieren - und zwar nicht irgendeines, sondern das berühmte Orchester der Wiener Philharmoniker im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins!
Man stellt sich vor die Videoprojektion des Orchesters, greift sich den elektronischen Taktstock, wählt ein Musikstück und beginnt zu dirigieren. Das Orchester folgt tatsächlich den Bewegungen und auch dem Tempo des Dirigenten. Je schneller man dirigiert, umso schneller spielt das Orchester! Davon lässt man sich natürlich zu Spielereien und Blödeleien hinreißen. Aber auweia: Die Geduld des virtuellen Orchesters ist begrenzt. Wer den Takt nicht hält, wird von Maestro Zubin Mehta persönlich ausgeschimpft! 😝😅
Mehr über das Haus der Musik könnt ihr HIER erfahren.
Man stellt sich vor die Videoprojektion des Orchesters, greift sich den elektronischen Taktstock, wählt ein Musikstück und beginnt zu dirigieren. Das Orchester folgt tatsächlich den Bewegungen und auch dem Tempo des Dirigenten. Je schneller man dirigiert, umso schneller spielt das Orchester! Davon lässt man sich natürlich zu Spielereien und Blödeleien hinreißen. Aber auweia: Die Geduld des virtuellen Orchesters ist begrenzt. Wer den Takt nicht hält, wird von Maestro Zubin Mehta persönlich ausgeschimpft! 😝😅
Mehr über das Haus der Musik könnt ihr HIER erfahren.
xxxxxxxxxMuseumsbesuch Nummer 3xxxxxxxxx
Alle meine Noten bringen mich nicht aus den Nöten,
und ich schreibe Noten überhaupt nur aus Nöten.
und ich schreibe Noten überhaupt nur aus Nöten.
LvB
Mi., 12. Februar:
Beethovenhaus in Baden bei Wien
Ludwig van Beethoven verbrachte 15 Jahre lang seine Sommer in "unserer" Bezirkshauptstadt Baden und bewohnte dort verschiedene Quartiere. In den Sommern der Jahre 1821, 1822 und 1823 stieg Beethoven im Haus Rathausgasse 10 zur Kur ab. In dieser Zeit (in der er sein Gehör bereits weitestgehend verloren hatte) schrieb er wesentliche Teile der Neunten Symphonie, weshalb das Beethovenhaus in Baden auch „Haus der Neunten“ genannt wird.
Bereits seit den 1960er Jahren wird das Haus als Beethoven-Gedenkstätte genutzt. Nach einer grundlegenden Sanierung wurde das neue Beethovenhaus Baden im Herbst 2014 eröffnet. Das Museum beherbergt nun eine zeitgemäße Präsentation, die den Menschen Ludwig van Beethoven ebenso erlebbar macht wie seine Musik.
Wir verbanden einen von Edis Badener Akupunkturterminen mit dem Besuch dieses Museums. Und wie ihr seht, habe ich mich outfitmäßig an die Farben des Beethovenhauses angepasst 😊
Als der Komponist dieses Haus im Jahr 1821 erstmals betrat, war er 51 Jahre alt, ein angesehener Komponist - und ein Mann mit zahlreichen Leiden. Sein Arzt hatte ihm geraten, in Baden Heilbäder zu nehmen; unter anderem plagten ihn seit Jahren Schmerzen in der Bauchgegend, Gicht und Rheuma. Das warme Wasser aus Badens Schwefelquellen brachte tatsächlich Linderung: "Mit meinem Unterleibe geht's besser; besonders wenn ich einige Tage das warme Bad brauche, befinde ich mich acht, auch zehn Tage ziemlich wohl; (...)"
Das Tagtägliche erschöpft mich!
Quelle: Beethoven, Briefe.
An seinen Neffen Karl van Beethoven,
am 23. August 1823
Manche seiner gesundheitlichen Probleme werden heute der Tatsache zugeschrieben, dass Beethoven dem Alkohol und deftigen Fleischspeisen gar zu sehr zusprach. Sein Alkoholmißbrauch führte (laut Autopsiebericht) zu einer Leberzirrhose, weiters zu Wassersucht und außerdem zu Vergiftungen (da es damals üblich war, Wein mit Bleizucker zu süßen!)
Den Auszügen aus Beethovens
Briefwechseln ist zu entnehmen, dass der Komponist durch
seine zunehmende Schwerhörigkeit und andere Leiden zuweilen ziemlich niedergeschlagen war. Bereits im Juni 1801 schrieb er in einem Brief an seinen Freund Amenda: “…denn Dein Beethoven lebt sehr unglücklich; wisse, dass mir der edelste
Teil mein Gehör sehr abgenommen hat…nun ist es immer ärger geworden; ob
es wird wieder können geheilt werden, das steht noch zu erwarten.”
Ab dem Jahr 1818 folgte die völlige Taubheit rechts, es bestand damals noch eine Resthörigkeit links, die sich jedoch zunehmend verschlechterte. Dennoch wollte der Komponist sich nicht unterkriegen lassen.
Ab dem Jahr 1818 folgte die völlige Taubheit rechts, es bestand damals noch eine Resthörigkeit links, die sich jedoch zunehmend verschlechterte. Dennoch wollte der Komponist sich nicht unterkriegen lassen.
Ich will dem Schicksal in den Rachen greifen,
ganz niederbeugen soll es mich gewiß nicht.
Die von den Ärzten verordnete Ruhe fand er in der Kurstadt nicht so ganz, denn er konnte das Komponieren nicht lassen. In Baden entstanden wichtige Teile der Eroica, der Pastorale, der Missa Solemnis und (wie schon erwähnt) der Neunten Symphonie, außerdem verfasste er Kanons und musikalische Scherze für Freunde. Dennoch schrieb Beethoven aus Baden an einen Freund: "Ich hätte mein Leben nicht geglaubt, dass ich so faul sein könnte, wie ich hier bin."
O ihr Menschen, die ihr mich für feindselig
und misanthropisch haltet und erkläret,
wie unrecht thut ihr mir...
LvB
LvB
Der Künstler wird oft als schwieriger, streitbarer Mensch beschrieben, und ganz gewiss ist der Umgang mit ihm nicht ganz leicht gewesen. (Erst recht nicht, wenn man seine Haushälterin oder ein Dienstmädchen war - ihnen mißtraute er nämlich zuweilen.) Aufgrund erhaltener Berichte und Briefe von Freunden und Vertrauten steht aber fest, dass Beethoven zugleich ein treuer, liebevoller und geselliger Mensch war. Durch seine zunehmende Schwerhörigkeit schränkten sich seine Sozialkontakte zwar immer mehr ein, doch gerade deshalb bemühte sich Beethoven um seine schriftlichen Kontakte.
In Baden nützte einige Male die Gelegenheit, Freunde, Verwandte, Musikerkollegen, Schüler, Lehrer und Verleger zu treffen oder als Gäste zu empfangen. Auch im Beethovenhaus in der Rathausstraße wurde nachweislich das eine oder andere Mahl für Beethoven und seine Freunde aufgetischt. Der gedeckte Tisch im "Speisezimmer" des Museums stellt einige seiner Gäste durch Bilder und Symbole genauer vor.
Wir Endliche mit dem unendlichen Geist
sind nur zu Leiden und Freuden geboren,
und beinahe könnte man sagen,
die Ausgezeichneten erhalten durch Leiden Freude.
1808, in einem Brief
an die gelähmte Gräfin Maria von Erdödy
In Baden nützte einige Male die Gelegenheit, Freunde, Verwandte, Musikerkollegen, Schüler, Lehrer und Verleger zu treffen oder als Gäste zu empfangen. Auch im Beethovenhaus in der Rathausstraße wurde nachweislich das eine oder andere Mahl für Beethoven und seine Freunde aufgetischt. Der gedeckte Tisch im "Speisezimmer" des Museums stellt einige seiner Gäste durch Bilder und Symbole genauer vor.
Froh bin ich wieder einmal in Gebüschen, Wäldern,
unter Bäumen, Kräutern, Felsen wandeln zu können,
kein Mensch kann das Land so lieben wie ich.
Geben doch Wälder, Bäume, Felsen
den Widerhall, den der Mensch wünscht.
In der Natur fand Beethoven Ruhe, Inspiration und Trost für seine Leiden. Das Helenental in Baden, das dem Ideal einer romantischen Landschaft entspricht, würdigte Beethoven beispielsweise mit den Worten:
Ist es doch, als ob jeder Baum zu mir spräche auf dem Lande: Heilig, heilig! – Im Walde Entzücken! Wer kann alles ausdrücken! – Süsse Stille des Waldes!Sommer 1806, in Baden
Neben dem Gemälde des Wiener Neustädter Kanals, das anlässlich des 100. Todestages von Beethoven entstand, hängt eine Tafel, auf der eine Anekdote über den Künstler erzählt wird. Eines Tages sei er nämlich völlig selbstvergessen entlang des Kanals gewandert, heißt es da.
Und weiter:
"Bei Einbruch der Dunkelheit fand er sich in Wiener Neustadt wieder, rund 30 km von Baden entfernt. Da er nicht wusste, wo er war, schaute er in die Fenster einiger Wohnhäuser. Die Leute hielten ihn für einen Bettler, weil er ohne Hut und in einem alten Mantel unterwegs war. Die Polizei verhaftete ihn. Er hörte aber nicht auf zu beteuern, er sei Beethoven, und schließlich rief man den Musikdirektor der Stadt, der ihn identifizierte. Der Bürgermeister entschuldigte sich und man brachte den Komponisten mit dem Wagen nach Baden zurück."
Wer weiß, worüber Beethoven bei seiner selbstvergessenen 30-Kilometer-Wanderung nachdachte? Womöglich ließ er sich ja wieder einmal die Vollendung seiner 9. Symphonie durch den Kopf gehen. Denn man kann wohl sagen, diese Symphonie ist sein Opus Magnum, das ihn während des Großteils seines Lebens beschäftigt hat. Schon bald nach dem Erscheinen von Schillers Gedicht An die Freude (1786) spielte Beethoven mit dem Gedanken einer Vertonung. Der Bonner Jurist Bartholomäus Fischenich, der sowohl mit Schiller als auch mit Beethoven befreundet war, schrieb im Jahr 1793 (als der Komponist gerade erst im 23. Lebensjahr stand) an Charlotte von Schiller über ein Gespräch mit Beethoven: „Er wird auch Schiller’s Freude und zwar jede Strophe bearbeiten. Ich erwarte etwas vollkommenes, denn so viel ich ihn kenne, ist er ganz für das Große und Erhabene.“
So viel Erhabenheit benötigt allerdings manchmal Jahre. Beethovens erste Skizzen zur 9. Sinfonie entstanden erst 1815. Die in Baden verbrachten Sommer 1821, 1822 und 1823 nützte Beethoven wie gesagt ebenfalls, um dort wesentliche Teile der 9. Symphonie zu schreiben. Die Vollendung der Komposition zog sich jedoch noch bis in das Jahr 1824 hin. Der vierte und letzte Satz wurde übrigens ganz in der Nähe von dort, wo ich früher gelebt habe, fertiggestellt - in Beethovens Wohnung in der Ungargasse 5 im heutigen Wiener Bezirk Landstraße.
Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligthum!
Deine Zauber binden wieder
Was die Mode streng geteilt;
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.
Textauszug vom vierten Satz der Neunten Symphonie
nach Friedrich Schillers Ode An die Freude
Meine Lieblingsstelle der Ode An die Freude ist übrigens seit meiner Kindheit die, bei der alle Menschen Brüder werden. Wobei es mich wundert, dass sie noch nicht "gegendert" wurde 😁. (Achtung, das war ein Scherz! Natürlich nahm die feministische Linguistik an der angeblichen Frauenfeindlichkeit des Liedes bereits Anstoß. Dass es keinen Sohn aus Elysium gibt, war hingegen offenbar egal. Mir gehen solche Diskussionen auf den Sender, weil sie Frauen in die Position von "I-Tüpfel-Reitern" (und -Reiterinnen klarerweise 😜) manövrieren und von wirklich wichtigen Themen ablenken. Ich fand es auch unnötig und nervig, die Österreichische Bundeshymne zu "gendern". Viel, viel wichtiger fände ich gleiche Entlohnung bei gleicher Leistung. Darum kämpfen Frauen schon seit einer halben Ewigkeit - und werden stattdessen mit holprig umgewandelten Liedtexten abgespeist. Wenn alle Menschen sich miteinander vertragen könnten, egal ob Schwestern oder Brüder, und wenn sie die Erde mit all ihrer wunderbaren Natur als schützenswert betrachteten, wäre mir das auch um Klassen wichtiger als jede Textanpassung.) Der Österreichische Kabarettist Kurt Sowinetz löste das Textproblem auf seine unvergleichliche Weise: Alle Menschen san ma zwider - KLICK zum Lied, gesungen zu Beethovens Neunter, und KLICK zum Text (zu Deutsch: Alle Menschen sind mir zuwider - HIER geht's zum gesamten Liedertext in Hochdeutsch)
Die Bilder dieser Collage stammen von HIER |
Aber zurück zu Beethoven: Er war ein Perfektionist und hielt sein großes Werk jahrelang vor der Öffentlichkeit zurück. Erst als 30 Wiener Musiker und Musikliebhaber zur Jahreswende 1823/24 schriftlich an Beethoven appellierten, seine neuesten Kompositionen nicht länger unter Verschluss zu halten, sondern sie in Wien aufzuführen, ließ Beethoven sich überzeugen. Die Uraufführung seiner Neunten Symphonie im Mai 1824, bei der Beethoven schon völlig taub war, sollte gleichzeitig sein letztes Konzert (und ein großer Erfolg) sein.
Im Erdgeschoß des Beethovenhauses in Baden geht es darum, den Besuchern die Neunte Symphonie auf unterschiedliche Weise zu vermitteln. Ein eigener Ausstellungsraum ist dem berühmten vierten Satz dieser Symphonie gewidmet, der Grundlage der Europahymne. Man kann sich hier u.a. die Videoprojektion einer Aufführung dieses Satzes ansehen und anhören. Was Edi und mir daran besonders gefiel, ist dass die Musik bzw. die Intention des Künstlers durch Untertitel "erklärt" wird - erst jetzt weiß ich also, dass hier zum Teil quasi "Diskussionen" zwischen den einzelnen Stimmen und Instrumenten stattfinden. Das Freude-Thema muss sich zuerst einen Weg bahnen durch die Wut, Schmerzen und Verzweiflung, die die vorhergehenden Sätze widerspiegeln. Hier könnt ihr euch in die Musik "reinhören":
https://www.youtube.com/watch?v=FzWbHpV0xjg |
Außerdem gibt es einen Raum, in dem die Geheimnisse des Hörens von Musik thematisiert werden. Auch hier wird wieder digital auf den Hörverlust Beethovens eingegangen und man kann mittels eines Schiebers feststellen, wie viel oder wenig er in seinen Lebensphasen zu hören vermochte. Selbst wenn man zuvor längst wusste, dass Beethoven viele Jahre seines Lebens taub war, ist es sehr berührend, so hautnah zu erfahren, wie schlimm es schon lange um sein Gehör bestellt war und welch großartige Werke er dennoch geschaffen hat.
Ihr Lieben, das war's wieder für heute! Ich hoffe, es hat euch gefallen, mich virtuell durch die drei Ausstellungen zu begleiten. Wie es aussieht, kann es relativ bald wieder möglich sein, selbst in ein Museum zu gehen - ab Mitte Mai beginnen in Österreich die ersten Ausstellungsorte wieder ihre Pforten zu öffnen. Für genauere Informationen besucht bitte die jeweiligen Websites der Museen.
Ich wünsche euch ein angenehmes April-Ende
🌿🌸🌼 und einen wunderbaren Start in den Mai! 🌿🌸🌼
Alles Liebe, eure Traude
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